Es ist Zeit für einen Wandel
Bloß keine zu große Kleidergröße! Hauptsache eine kleine Zahl auf der Waage. Cellulitis? Um Himmels Willen… Mehr als XY Kalorien am Tag? Wie schwach!
Anfang der 80er Jahre geboren, bin ich mit Dogmen wie diesen groß geworden und in einer Zeit aufgewachsen, in der nur EIN bestimmter Typ Frau alle Zeitschriften-Cover zierte: Mindestens 1,72 Meter groß, lange (blonde) Haare, dünn und gleichzeitig sportlich. Außerdem reine Haut, leicht gebräunt, die Zähne weiß, die Körper makellos.
Begriffe wie Bodyshaming oder Body Positivity gab es nicht. Ebenso wenig die Sozialen Medien. Das Internet war am Ende meiner Pubertät erst in der Anlaufphase und so fühlte ich mich mit meiner Misere, nicht dem allseits gehypten Schönheitsideal zu entsprechen, ziemlich allein. Darüber zu reden, anders zu sein und unter den Klamotten nicht „perfekt“ auszusehen, traute ich mich nicht und so versuchte ich alles, um dem „hübschen“ Mädchen wenigstens ansatzweise zu entsprechen: Sport bis zur Erschöpfung – nicht zum Spaß. Nach dem Mittagessen nichts mehr essen. Wenn doch ein Fressanfall dazwischen kam, sich einfach übergeben. Nur schwarze Kleidung tragen, das macht schlank und kaschiert. Bilder von „schönen“ Frauen ausschneiden und als Motivation an den Kleiderschrank kleben. Und noch vieles mehr.
Selbstachtung? Fehlanzeige!
Blicke ich heute auf das damalige Verhalten zurück, würde ich zusammengefasst sagen: Alles andere als gesund und sehr weit von irgendeiner Form der Selbstliebe und Wertschätzung der eigenen Persönlichkeit entfernt. Und es erging mir so, obwohl ich mit Eltern groß geworden bin, die mich liebten. Es erging mir so, obwohl ich einen stabilen Freundeskreis hatte. Es erging mir so, obwohl es mir von außen betrachtet an nichts mangelte.
Doch so war die Zeit damals. Und trotz vieler Veränderungen und einer zunehmenden Bewegung für mehr Anerkennung aller Körperformen geht es heute noch immer vielen Mädchen und Frauen wir mir damals. Und das ist meiner Meinung nach fatal!
Die Körper sind die Tempel unserer Seele
Heute weiß ich, welch Wunderwerk unser Körper eigentlich ist. Er ermöglicht es uns jeden Tag aufs Neue das Leben zu erfahren. Dank ihm können wir hören, sehen, riechen, schmecken und anfassen. Wir können Menschen umarmen, lachen, Liebe schenken und empfangen und Kinder gebären. Wir können denken, spüren, begreifen und erforschen. Wir können kreativ sein, träumen und die Welt verändern.
Außerdem weiß ich heute darum, dass wir alle als einzigartige Wesen zur Welt kommen und dass wir alle gleichwertig sind. Dass es nur künstlich erschaffene Normen sind, in die wir uns zu pressen zu versuchen, statt auf unser individuelles Potenzial zu schauen. Dass wir irgendwann begonnen haben, uns zu vergleichen und nach dem Äußeren zu urteilen und zu bewerten anstatt auf unser Herz zu hören und Mitgefühl zu empfinden.
Ist es daher nicht endlich an der Zeit, mit dem alten Image von Schönheit aufzuräumen und endlich alle Körper anzuerkennen? Weg zu gehen von der ausschließlichen Beurteilung der Hülle hin zu einer anerkennenden Haltung uns selbst und anderen gegenüber? Statt uns mit anderen zu vergleichen, einander zu bestärken und in der Ganzheit zu sehen?

Shake your body!
Dieser Schönheitswahn mit gesundheitsgefährdenden Diät-Plänen, unnötigen Fettabsaugungen, entstellenden Botox-Behandlungen und sündhaft teuren Cremes muss aufhören. Die vernichtenden Texte und Lügen über echte (Promi-) Menschen in den Klatschmagazinen gehören boykottiert. Und die Laufstege mit ausschließlich abgemagerten und ausgehungerten Models abgebaut.
Auf die Welt zu kommen und einen Körper zu haben, durch den wir das Leben erfahren dürfen, ist ein absolutes Geschenk. Wer dieses Geschenk erhalten hat, darf es wertschätzen und wir dürfen einander wieder wertschätzen. Und das geht nach meinem Empfinden besonders dann, wenn wir uns alle wieder wirklich in die Augen schauen. Uns richtig sehen und hören. Und uns gegenseitig feiern und zusammen die Bodies shaken bis der Boden vor Freude und positiver Vibrations bebt!
Mögen sich so viele Menschen wie möglich wieder mit ihrem Körper verbinden und sich in ihm wohl, heil und vollständig fühlen. Mögen unsere Kinder verinnerlichen, dass sie gut und richtig sind, genau wie sie sind. Mögen wir Frieden finden – mit und in uns selbst.
Ich freue mich riesig auf Deine Impulse und Erfahrungen in den Kommentaren und was Du für Dich mitgenommen hast. Und ich danke Dir von Herzen, dass Du da bist und diesen Blog liest. Das bedeutet mir sehr sehr viel!
Fühle Dich geherzt!
Deine Wiebke